Menschen(ge)recht, Sozial(ge)recht, Umwelt(ge)recht"
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China-Informationen 3/2007, 2.5.2007
www.asienhaus.de/china-informationen

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In Kürze:
1) XiuCai: 21. Jahrhundert doch wohl kein chinesisches ... 

2) Amnesty: Verstärkte Repression in China

3.) 30.5., Köln: Umsetzung von Arbeisrechten und Umweltstandards

4.) Forza Cinitalia - Italines Chinesen 
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ad 1) XiuCai: 21. Jahrhundert doch wohl kein chinesisches ...
siehe http://xiucai.oai.de/XiuCai/XiuCaiNo91.pdf, Kontakt:rudolph@oai.de  

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Mit dem Titel "Schade: Das 21. Jahrhundert doch wohl kein chinesisches ..." macht die Ausgabe 91 von XiuCai, Einblicke in die Welt der Chinesen für die Freunde des Ostasieninstituts der FH Ludwigshafen, auf und setzt sich mit satirischen Unterton mit den wirtschaftlichen Prognosen über die zukünftige Rolle Chinas in der Weltwirtschaft auseinander. Warum der Autor zu seiner Schlussfolgerung kommt, das soll hier jedoch nicht verraten werden.

 

Aber auch sonst bietet dieser Informationsdienst umfangreiche und zumeist aus dem Chinesichen übersetzte Informationen über die Entwicklungen in China zur Verfügung. Wenn Sie über die Bereitstellung neuer Ausgaben informiert werden möchten, senden Sie eine Mail an rudolph@oai.de

 

ad 2) Amnesty: Verstärkte Repression in China
zum Dokument: http://web.amnesty.org/library/index/ENGASA170152007 

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Am 30. April veröffentlichte Amnesty International einen dritten Bericht, mit dem die Organisation die Entwicklung der Menschenrechtslage vor den Olympischen Spielen in Beijing untersucht.

In ihrer Erklärung äußert sie Besorgnis darüber, dass im Vorfeld der Olympischen Spiele rechtmäßige Aktivitäten von Bürgerrechtlern verfolgt und unterdrückt. Amnesty fordert das Internationale Olympische Komitee auf, seinen "beträchtlichen Einfluss" geltend zu machen und die Menschenrechtslage gegenüber der chinesischen Regierung anzusprechen. Laut Netzeitung wies die chinesische Regierung die Vorwürfe zurück. «Wir erfüllen gewissenhaft unser Versprechen im Hinblick auf die Olympischen Spiele», erklärte das Außenministerium in Peking. Amnesty International sei politisch voreingenommen.
 

ad 3) 30.5., Köln: Zur Umsetzung von Standards zur Sicherung von Arbeitsrechten und Umweltstandards

Anmeldung: lotte.arndt@weed-online.org, zu Programm und Anmeldung

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13.30-17.00: Werkstattgespräch, Köln, Universität, Philosophicum, Seminarraum S81; 19.00-21.00: Podiumsdiskussion, Köln, Universität, Hauptgebäude, 1. OG, Saal XXI; Eine Kooperation von WEED, Germanwatch, ver.di, Asienhaus, eed, IG Metall, Christliche Initiative Romero, Südwind, Werkstatt Ökonomie
ReferentInnen: Ingeborg Wick (Südwind)Au Loong Yu (Globalisation Monitor, Hongkong), Sarah Bormann (WEED/PCglobal), Uwe Kleinert (Werkstatt Ökonomie) 

Die Computer-Branche gilt als saubere und fortschrittliche Zukunftstechnologie. Dass die Produktion moderner Kommunikationstechnologien häufig unter höchst belastenden und ökologisch folgeschweren Bedingungen stattfindet, dringt erst langsam an die Öffentlichkeit und Regulierungsinitiativen befinden sich noch in der Anfangsphase.

Dagegen greifen Initiativen in der Bekleidungs- und Spielzeugindustrie schon auf jahrelange Erfahrungen zurück, soziale und ökologische Standards mittels freiwilliger Selbstverpflichtungen von Unternehmen durchzusetzen. Seit 2004 wird dies im Rahmen des Electronic Industry Code of Conduct (EICC) auch in der Elektronik-Produktion versucht. Die Initiative weist jedoch von Anfang an grundlegende Mängel auf. Ihre Kriterien fallen sowohl hinter die von der International Labour Organisation (ILO) definierten Kernarbeitsnormen, als auch teilweise hinter nationale Gesetzgebung zurück. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen vergangener und laufender Kampagnenwird im Werkstattgespräch diskutiert, ob Verhaltenskodize ein lohnender Ansatz für die Elektronikindustrie sind oder auf alternative Strategien gesetzt werden sollte.

ad 4) Forza Cinitalia: Italiens Chinesen
Quelle: Stefan Ulrich, Süddeutsche Zeitung, 23.4.2007

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Unter dem Titel "Forza Cinitalia: Zehntausende Chinesen haben Italiens Städte und Märkte erobert - bislang geschah das in aller Stille, doch nun droht eine Eskalation" veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung am 23.6. einen Artikel von Stefan Ulrich zu Situation chinesischer MigrantInnen in China. Wir bedanken uns bei der Süddeutschen Zeitung für die Genehmigung zur Wiedergabe des Artikels an dieser Stelle.

Rom, 22. April - Einige Nachrichten dieser Tage aus Cinitalia: In Pistoia nehmen die Carabinieri acht Chinesen unter dem Vorwurf fest, sie hätten Landsleute wie Sklaven ausgebeutet. In der Chinatown von Prato drohen die verbliebenen italienischen Händler, ihre Geschäfte aufzugeben. In Neapel erlässt die Justiz Dutzende Haftbefehle gegen Spediteure und Hafenkontrolleure wegen illegaler Massenimporte aus China. In Rom ketten sich Bürger auf der Piazza Vittorio an - aus Protest gegen vorgebliche Umtriebe der Cinesi auf dem Esquilin-Hügel, wo bereits jedes zweite Geschäft in ihrer Hand sein soll. Und die politische Wochenzeitschrift Espresso schockte das Volk am Freitag mit der Feststellung, in Mailand kämen mehr Babys namens Hu zur Welt als mit dem ortstypischen Namen Brambilla.

Zugleich warnt Piero Grasso, Italiens oberster Anti-Mafia-Staatsanwalt, vor einer Mafia der anderen Art: "Die chinesischen Triaden sind äußerst mächtige Organisationen, die sich mit anderen kriminellen Gruppen zusammentun. Wir müssen sehr wachsam sein, weil die chinesischen Gemeinschaften in ihrem Inneren kriminalitätsanfällig sind." Auch Terror-Banden könnten davon profitieren. Und Justizminister Clemente Mastella schimpft, die Chinesen dürften nicht glauben, sie könnten mitten in Italien staatsfreie Enklaven bilden.

Das alles wirkt, als merkten die Italiener erst jetzt, was sich seit Jahren unter ihren Augen vollzieht: Zehntausende Chinesen sind ins Land gekommen, teils legal, teils illegal. Offiziell stellen sie mit mehr als 125 000 Menschen die viertstärkste Gruppe der Ausländer aus Staaten jenseits der Europäischen Union. Tatsächlich könnten sie schon die stärkste Gruppe sein. Unauffällig, schweigsam, selbstgenügsam und bienenemsig brachten die Chinesen beträchtliche Teile des Hafens von Neapel, der Textilindustrie in Prato, des Billigwaren-Handels in Rom oder Mailand unter ihre Kontrolle. Sie kauften sich, meist in bar und zu überhöhten Preisen, Geschäft um Geschäft ganze Stadtviertel zusammen - und verwandelten sie in Discount-Märkte für Waren, die nicht immer den Marken- und Verbraucherschutz-Gesetzen der EU entsprechen. Sie bildeten geschlossene Städte innerhalb der italienischen Städte, mit - oft illegalen - chinesischen Banken, Krankenhäusern, Apotheken, Bestattungs-Unternehmen, Reisebüros oder Schulen. Dabei konnten sie auf eine italienische Abart der Toleranz bauen: wegschauen und hoffen, alles werde sich schon irgendwie einpendeln.

Das Fanal von Mailand

Mit diesem "Lassismo", dieser an Wurstigkeit grenzenden Laxheit, dürfte es nun vorbei sein. Denn an einem Mailänder Werktag Mitte April verschafften sich die geräuschlosen Chinesen plötzlich Gehör. An jenem Donnerstag Nachmittag kontrollierten zwei Polizistinnen die Chinesin Ruo Wei Bu in der Mailänder Chinatown um die Via Paolo Sarpi und die Via Bramante, einer der größten Europas. Es kam zu einem Gerangel. Auf einmal waren Hunderte junger Chinesen auf der Straße. Sie schwenkten die roten Fahnen der Volksrepublik und lieferten sich eine Straßenschlacht mit der italienischen Polizei. Die Bilanz: etwa zwei Dutzend verletzte Polizisten und Chinesen sowie mehrere zerstörte Autos.

Es war der erste Aufstand einer Immigranten-Nation in Italien. Nun quält das Land die Frage, was sich da zusammenbraut in den Chinatowns seiner Großstädte. Der sozialistische Innenminister Giuliano Amato warf den Chinesen vor, sie kapselten sich ab und verweigerten sich der Integration. Die konservative Mailänder Bürgermeisterin Letizia Moratti donnerte: "Wir tolerieren in Mailand keine rechtsfreien Räume." Die Lega Nord reagierte auf ihre Weise, mit einem Fackelzug, bei dem es Salami und Brot gab - als Bollwerke gegen Frühlingsrollen. Und die Reporter der italienischen Medien schwärmten aus in eine Welt der illegalen Einwanderung, der Massagesalons und Spielhöllen, der 18-Stunden-Arbeitstage an Nähmaschinen in Kellern und Hinterzimmern, des Handels mit gefälschter Markenware und mit Drogen.

Zugleich machen Geschichten die Runde, Italiens Chinesen ließen ihre Toten heimlich verschwinden, um deren Papiere an neue Einwanderer weiterzureichen. Der neapolitanische Schriftsteller Roberto Saviano beginnt seinen Doku-Bestseller "Gomorra" mit einer Szene, in der tiefgefrorene Leichen von Chinesen beim Verladen im Hafen versehentlich aus einem Container fliegen. Die Staatsanwaltschaft Rom ermittelt in Sachen toter Chinesen, bislang ergebnislos.

Die Chinesen selbst wollen all die Vorwürfe nicht mehr auf sich sitzen lassen. So empörte sich eine Abordnung der Chinesen in Rom vergangene Woche: "Wir sind eine Volksgruppe von Arbeitern, und unter uns mag es einige Kleinkriminelle geben. Aber zu behaupten, wir seien eine Mafia-Organisation - das geht wirklich zu weit." Vor allem die junge Generation misstraut der Strategie der Stille, wie sie die aus China geflohenen Altvorderen pflegten. Viele junge Chinesen sehen sich nicht mehr als Exilanten, sondern als Vorposten einer neuen Weltmacht. Daher die roten Fahnen in Mailand. Sie finden zudem, sie seien nicht, wie andere Immigranten, eine Last für Italien, sondern ein Gewinn.

"Ihr habt uns hierher gelockt mit der Aussicht, in Italien einen freien Markt zu finden. Wir haben hier Geschäfte gekauft und teuer dafür bezahlt. Nun lasst uns in Ruhe arbeiten und Geld verdienen", so klingen die Forderungen der chinesischen Händler. Tatsächlich haben die Asiaten mit ihren Billig-Werkstätten zum Beispiel die alte Tuchmacher-Stadt Prato vor dem Ruin bewahrt und der Alta Moda bezahlbare Produktionswerkstätten eröffnet. Made in Italy müsste daher heute oft lauten: Made in Italy by China.

Entsprechend ambivalent ist das Verhältnis der Italiener zu China. Das Reich der Mitte wird als Chance und Bedrohung gesehen. So betonte Premier Romano Prodi gerade: "Meine Regierung blickt mit größter Aufmerksamkeit auf Asien, weil das 21. Jahrhundert ein asiatisches sein wird." Investoren aus China werden heiß umworben. Zugleich fühlen sich viele Italiener überrollt. "Ich war gerade auf einer Reise in China", erzählt eine Nachbarin in Rom. "Wie sind die Leute dort fleißig! Was für eine Dynamik! Wie sollen wir Italiener da mithalten?" Ein Beispiel: Die Neapolitaner galten bislang als Meister der Billig-Imitate. Nun müssen sie erleben, wie in China fabrizierte neapolitanische Krippenfiguren auf den Märkten rund um den Vesuv verkauft werden. Globalisierung kann grausam sein.

Die Immigranten sehen das andersherum: Die Italiener sollten froh sein, dass sie, die Chinesen, die italienische Wirtschaft belebten. Umso empörter sind die Chinesen über die Mailänder Stadtregierung. Erst gewährte sie ihnen über Jahre großzügigst Gewerbeerlaubnisse für Großhandels- und Discount-Geschäfte und blickte bei Regelverletzungen beflissen weg. Doch nun setzt die Stadt auf einmal penibel auf Recht und Gesetz und versucht, der chinesischen Expansion mit einer strikten Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung Herr zu werden. Restriktive Lieferzeiten und neue Fußgängerzonen sollen die chinesischen Händler aus der Innenstadt vertreiben.

Die Chinesen fühlen sich von dieser Null-Toleranz-Politik, die nur sie trifft, diskriminiert. In Mailand stellten sie Schilder in ihre Auslagen mit der Aufschrift: "Stoppt die Diskriminierung - auch wir sind Mailänder." Zudem riefen sie vergangene Woche ihre Landsleute in ganz Europa zu einer Protestdemonstration in die Stadt. Dong Jinyi, Chinas Botschafter in Rom, sekundierte: Wenn Mailand irgendwelche Regeln nur deshalb durchsetze, um die Chinesen zu verjagen, entstünde "auch für die italienische Regierung ein Problem, die doch Investitionen aus China willkommen heißt". Das klang nach Wirtschaftsboykott, auch wenn der Diplomat hinterherschob: "Ich bin sicher, dass sich alles lösen lässt, ohne unsere kräftigen Bande der Freundschaft zu zerreißen."

Tatsächlich wurde der Protest der Chinesen aller Länder in Mailand in letzter Minute verschoben. Die Bürgermeisterin Moratti vereinbarte mit dem Konsul aus Peking einen Runden Tisch, um die Probleme der Chinatown binnen drei Wochen zu lösen. Zugleich gab die Stadtregierung in Rom der Forderung der dortigen Chinesen nach, einen "Chinesen-Delegierten" zu ernennen. An beiden Orten wird nun eifrig verhandelt, über Integration und die Rechte und Pflichten der Menschen aus dem Reich der Mitte. Derweil gehen die Geschäfte weiter wie bisher. Eines aber hat sich verändert durch den Aufruhr in Mailand: Man spricht miteinander in Cinitalia

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