Menschen(ge)recht,
Sozial(ge)recht, Umwelt(ge)recht" |
China-Informationen
5/2007, 10.8.2007 |
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In Kürze:
1) China und der Klimawandel
2) Der verzweifelte Marsch in die Stadt
3) Buchbesprechung: "Globale
Rivalen" von Eberhard Sandschneider
4) Debatte: Deutsche
Steuergelder für China?
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ad 1) China und
der Klimawandel |
Mit dem Thema China und der Klimawandelt
befasst sich eine neue Broschüre, herausgegeben von German
Watch. Sie steht zum Download zur Verfügung und kann bei German Watch
bezogen werden. In der Ankündigung heißt es:
China sieht sich wie kaum ein anderes Land einer doppelten Herausforderung des Klimawandels gegenüber: Es muss Strategien entwickeln, um den eigenen Entwicklungsweg klimafreundlicher zu gestalten, da das Land demnächst der weltweit größte Treibhausemittent sein wird. Gleichzeitig sind eine Vielzahl teils drastischer Konsequenzen durch den Klimawandel zu erwarten, die wiederum die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes stark beeinflussen werden. Heute bereits für das Wohlergehen des Volkes problematische Bereiche wie Wasserknappheit, Wasserverschmutzung oder Wüstenbildung werden tendenziell durch den Klimawandel und andere Faktoren (Bevölkerungswachstum, höheres Konsumniveau etc.) weiter verschärft. Auch von dieser Seite besteht daher prinzipiell ein Eigeninteresse, das Ausmaß des globalen Treibhauseffekts zu begrenzen. Wie es gelingen wird, das Unbewältigbare durch ernsthaften Klimaschutz zu vermeiden und sich an den unvermeidbaren Teil des Klimawandels wirkungsvoll anzupassen, wird über die Entwicklung des Landes, aber zu einem guten Teil auch der restlichen Welt entscheiden. Der Kooperation in Politik, Forschung und Technologieentwicklung mit den Industrieländern, insbesondere der Europäischen Union, kommt dabei im globalen Interesse eine Schlüsselrolle zu.
ad 2) Der
verzweifelte Marsch in die Stadt |
Mit der Situation der Wanderarbeiter befasst sich der Artikel von Thomas Awe, Mitarbeiter der Konrad Adenauer-Stiftung. Der Artikel ist erschienen in den KAS-Auslandsinformationen 7/2007.
ad 3) Buchbesprechung:
Globale Rivalen |
Buchbesprechung: Globale Rivalen. Chinas
unheimlicher Aufstieg
Hier geht es zur Buchbesprechung.
Wenn Sie das Buch über den obigen Libri-Link bestellen, können Sie das Asienhaus fördern.
ad 4) Deutsche
Steuergelder für China? |
Seit längerem wird immer wieder über die Frage der Fortführung der Entwicklungshilfe für China diskutiert. Dies ist keine rein deutsche Diskusion. Die Frage stellte sich auch bei der Diskussion des "EU-Strategie-Papiers" für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit China für die Jahre 2007 bis 2013. Der Autor ist Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (Bonn). Der Beitrag erschien zuerst im Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org).
Ein Dauerthema der deutschen Entwicklungsdebatte erlebt eine Neuauflage im Sommerloch: Einflußreiche Stimmen im Bundestag verlangen ein Ende der Entwicklungszusammenarbeit mit China, weil das Land reich genug geworden sei. Andere Parlamentarier und das BMZ halten dagegen: Die Kooperation mit China sei unverzichtbar zur Lösung globaler Probleme und liege deshalb im unmittelbaren Eigeninteresse Deutschlands. Thomas Fues beleuchtet die Kontroverse.
Der stürmische Drang Chinas an die Spitze der Weltwirtschaft löst eine immer stärkere Nervosität im Westen aus. Gemessen an der Kaufkraft steht die chinesische Volkswirtschaft inzwischen auf Platz 2 der Weltrangliste, kurz hinter den USA. Spitzenreiter ist die ostasiatische Großmacht auch bei den Devisenreserven: Historisch einmalige Handelsüberschüsse mit Europa und den USA haben bis heute 1.200 Milliarden US-Dollar in die Kassen der Zentralbank gespült. Die Gründung eines staatlichen Investmentfonds zur rentablen Anlage der Reserven im Ausland hat bereits zu heftigen Abwehrreaktionen bei der Bundeskanzlerin geführt. Vor kurzem hat der Industrie- und Handelskammertag die öffentliche Stimmung zusätzlich mit der Meldung aufgeheizt, China werde Deutschland im nächsten Jahr vom Platz des Exportweltmeisters verdrängen.
Kritische Positionen
Die drohende Schmach nahm die FDP zum Anlaß, ihre altbekannte Forderung nach Einstellung der Entwicklungszusammenarbeit mit China und den übrigen Schwellenländern, die in der deutschen Entwicklungsdebatte auch als Ankerländer bezeichnet werden, zu wiederholen. Neu an der Debatte ist die Unterstützung der FDP durch maßgebliche Stimmen aus der Union, z.B. den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach. Folgende Argumente werden für den Abbruch der Kooperation ins Feld geführt:
Entwicklungsgelder sind für wirklich hilfsbedürftige Länder gedacht; China ist eine Hightech-Nation, kein Entwicklungsland mehr.
Die Schwellenländer sind unsere direkten Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Sie sollen nicht durch deutsche Steuergelder weiter aufgepäppelt werden.
Auch sicherheitspolitisch kann sich China zur Gefahr für den Westen auswachsen und soll deshalb wirtschaftlich klein gehalten werden.
Im Tenor kritisch, aber ohne die Forderung nach vollständigem Rückzug des BMZ, hat sich auch „Brot für die Welt“ positioniert. Auf Grundlage einer Studie des Forschungsinstituts „Südwind“ verlangt das evangelische Hilfswerk eine strikte Armutsorientierung aller Programme mit Ankerländern (s. W&E 02/2007). – Auch Stimmen aus Wissenschaft und Politik, die eine Fortführung der Kooperation grundsätzlich befürworten, wollen die Verantwortung dafür beim Außenminister ansiedeln. So setzt sich etwa der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, nach Pressemeldungen für eine neue Aufgabenteilung zwischen BMZ und Auswärtigem Amt ein, die das Entwicklungsressort zu einer globalen Armutsbehörde degradieren würde. Einer ähnlichen Logik folgt die Entscheidung des britischen Entwicklungsministerium (DfiD), sich im Jahr 2010 aus China zurückzuziehen.
Vielfältiger Nutzen
Das Entwicklungsministerium hat die Zweifel am Sinn der EZ mit China scharf zurückgewiesen und verweist auf folgende Zusammenhänge:
Die EZ mit Schwellenländern ist nicht karitative Entwicklungs“hilfe“ im traditionellen Sinn, sondern strategisches Engagement im deutschen und globalen Interesse. Auf Chinas Mitwirkung kann beispielsweise beim globalen Klimaschutz nicht verzichtet werden, weil das Land vermutlich schon in diesem Jahr den weltweit höchsten Ausstoß an Treibhausgasen zu verantworten hat. Auch bei der Eindämmung nicht-traditioneller Sicherheitsrisiken, z.B. grenzüberschreitenden Infektionskrankheiten wie SARS und Vogelgrippe, spielt der ostasiatische Staat eine Schlüsselrolle.
Chinas künftige Rolle im globalen System ist noch nicht entschieden. Sowohl seine innere Entwicklung (Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte) als auch die Orientierung seiner auswärtigen Politik (kooperativer Multilateralismus oder nationale Großmachtpolitik) werden maßgeblich davon bestimmt, ob die westlichen Staaten glaubwürdige Angebote für Dialog und friedlichen Interessenausgleich machen oder ob sie China kleinhalten wollen („containment“).
Weil China immer stärker selbst als Entwicklungsakteur in Drittländern tätig wird, müssen neue Ansätze für Koordinierung und entwicklungspolitische Dreieckskooperationen gefunden werden. Nur wenn westliche und „neue“ Geber an einem Strang ziehen, hat etwa Afrika eine Chance auf Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele.
Die deutsche und europäische Wirtschaft hat ein hohes Interesse an China im Hinblick auf Außenhandel und Direktinvestitionen. In der zentral gesteuerten Marktwirtschaft unter Führung der kommunistischen Partei sind flankierende zwischenstaatliche Beziehungen für den wirtschaftlichen Erfolg privater Akteure von großer Bedeutung.
Sinnvolle Investition
Zur Bewertung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit China ist es angebracht, sich die bescheidenen finanziellen Dimensionen zu vergegenwärtigen, um die es hier geht. Aus dem BMZ-Haushalt fließen in diesem Jahr 67,5 Mio. €, die überwiegend als Darlehen mit marktnahen Konditionen gewährt und von China zurückgezahlt werden. Zusätzlich hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Jahr 2006 Kredite in Höhe rund 300 Mio. € aus eigenen Kapitalmarktmitteln, also ohne Einsatz öffentlicher Zuschüsse, zugesagt. Inhaltliche Schwerpunkte der deutschen EZ sind der Umwelt- und Ressourcenschutz (insbesondere Energieeffizienz und erneuerbare Energien) sowie Wirtschafts- und Rechtsstaatsreformen.
Wegen der großen Vorteile für die deutschen und europäischen Außenbeziehungen sowie im Hinblick auf die effektive Bearbeitung der globalen Herausforderungen sollte die Kooperation Deutschlands mit China und anderen Schwellenländern beibehalten und sogar noch ausgebaut werden, jedoch unter Beachtung der folgenden Prinzipien:
Die Verantwortung für die operativen Programme in und mit den Partnerländern sollte im Regelfall beim BMZ verbleiben. Dort existiert ein über Jahrzehnte hinweg aufgebautes entwicklungspolitisches Fachwissen; die Entwicklungsakteure verfügen über eingespielte Beziehungsnetzwerke zu staatlichen und nicht-staatlichen Trägerorganisationen.
Alle Aktivitäten deutscher Ministerien sollten aus einer integrierten Kooperationsstrategie, die vom Kabinett zu verabschieden wäre, hervorgehen. Die Koordination sämtlicher Außenbeziehungen sollte über das Auswärtige Amt erfolgen.
Deutsche Politik gegenüber den Ankerländern sollte eng auf der europäischen Ebene abgestimmt werden. Es kann nicht unterstellt werden, daß China, Indien und die übrigen globalen Schwergewichte ein näheres Interesse an Deutschland entwickeln. Nur im europäischen Kontext besteht die Chance, im globalen Konzert eine prägende Rolle zu spielen.
Deutsche Außenbeziehungen zu Ankerländern können nicht dem für andere Ländergruppen geltenden Primat der Armutsbekämpfung untergeordnet werden. Als normatives Leitbild gilt hier die globale Strukturpolitik, die sich offen zu deutschen und europäischen Werten und Interessen bekennt.
Friedenspolitische Relevanz
China sieht sich nicht als Herausforderer der internationalen Ordnung, sondern möchte sich in bestehende Institutionen und Regelwerke eingliedern. Dieses Interesse an einer stabilen globalen Weltordnung zur Absicherung des wirtschaftlichen Wachstumskurses sollte unbedingt aufgegriffen werden. In der entwicklungspolitischen Kooperation mit China geht es auch darum, die Bedingungen für eine friedliche Transformation der weltpolitischen Machtverhältnisse zu schaffen.
Wie die US-Wissenschaftlerin Susan Shirk, unter Präsident Clinton führende China-Expertin im Außenministerium, in ihrem neuen Buch „China: Fragile Superpower“ überzeugend argumentiert, erhöht der Aufstieg neuer Großmächte die Gefahr militärischer Konflikte. Dies gilt umso mehr für das Verhältnis zwischen USA und China, da die beiden Länder sehr verschiedene Kulturen, Werte und politische Systeme repräsentieren und damit die Gefahr von Fehlwahrnehmungen und unbeabsichtigten Eskalationen (z.B. über Taiwan) steigt. Der deutschen und europäischen Zusammenarbeit mit China könnte in diesem Kontext die wichtige Aufgabe zufallen, kommunikationsfördernd und konfliktmindernd auf die internationalen Beziehungen einzuwirken.
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